Montag, 18. Juli 2016

Das Picknick - Noblesse oblige al fresco

Nein, Ameisen sind nicht wirklich ein Problem, sie sind höchstens eine kleine Ablenkung von den angenehmen Dingen des Lebens unter freiem Himmel, die man mit einem Finger weg schnipsen kann. Zwei bis drei solcher Tierchen muss man natürlich in Kauf nehmen, wenn man sich auf einer grünen Wiese niederlässt, um sich nebst dem vergnüglichen Bad in der Sonne oder gar im Fluss auch noch einige Leckereien aus dem Delikatessen-Laden zu Gemüte führt. Hier gilt die goldene Bio-Regel: Man muss sein Essen teilen. Für das Ungeziefer deponiert man ein Stück Gänseleberpastete in angenehmer Entfernung und man hat den ganzen Nachmittag seine Ruhe.


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Es geht um das Picknick. Ein wunderbarer Brauch mit einer langen Tradition. Die Griechen haben es getan, die Römer auch und sämtliche Jagdgesellschaften ebenfalls. Die Franzosen haben es zum barocken, leicht dekadenten Adelsvergnügen hochgestylt und Queen Victoria hat es im 19. Jahrhundert englisch-bodenständig perfektioniert. Victoria fand das Speisen im Freien äusserst an- und aufregend und weil sie mit ihrem Albert auch mal ganz alleine durchs Unterholz krabbeln wollte, erfand ihre Dienerschaft den klassischen Picknickkorb, der eine Decke, das Essen und das Geschirr enthält. Dieser konnte von der Königin selbst hoch zu Ross mitgeführt werden und so war garantiert, dass weder die Zweisamkeit noch die Stärkung danach zu kurz kamen.


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Die Briten lieben es noch heute, draussen zu speisen. Beim berühmten Pferderennen in Ascot zum Beispiel, gehört das Picknick einfach mit dazu. Da lümmelt der Hochadel schon mal mit Frack und Riesenhüten auf der karierten Decke herum und wedelt sich gelangweilt die Fliegen vom Lachsbrötchen. Die bandscheibengeschädigte, ältere Generation lässt sich auf den mitgebrachten Campingstühlen nieder und der Champagner wird vom Butler auf einem Silbertablett gereicht. Die Regel ist: Keiner zu reich, um nicht mit einer Wespe um den Kir Royal zu kämpfen.


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Man sollte auch bei uns auf keinen Fall auf das Vergnügen eines Picknicks verzichten und sich die Briten zum Vorbild nehmen. Ein bisschen Prunk und Pomp darf da durchaus dabei sein. Man suche sich also ein nettes, wenn möglich einsames Plätzchen am See. Örtchen, die mit dem Schild „Privatgrund“ gekennzeichnet sind, eigenen sich besonders gut, denn hier traut sich sonst keiner hin. Es lohnt sich, mit einer grossen Decke und weichen Kissen anzureisen, damit man gemütlich in den Himmel hinauf schauen und Wolken zählen kann. Ein Sonnenschirm darf ebenfalls nicht fehlen, denn er spendet Schatten und der Champagner wird nicht so schnell warm. Das Essen sollte so vorbereitet werden, dass man es ohne Besteck essen kann und es trotzdem appetitlich aussieht. Die Gläser sind nicht aus Plastik und das Geschirr aus Porzellan. Jemand sollte irgendwann ein schönes, langes Gedicht vorlesen und am Ende verzückt in die Runde fragen „Wem gehört denn der Dobermann, der da auf uns zu läuft“.


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Ganz egal ob zu Hause im Garten, beim Gemeinschaftsgrill am Waldrand oder auf dem Campingplatz im Tessin – Adel verpflichtet, frische Luft macht hungrig und der Butler hat immer im falschen Moment Zimmerstunde!


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