Donnerstag, 3. Mai 2012

Die Ohnmacht und der Afternoon Tea

Image: blog.bt-store.com
Es ist ein Ritual. Ein Moment der Einkehr mitten am Nachmittag.  Es gibt erlesenen Tee und Köstlichkeiten von der Etagere. Es wird geplauscht, geschwatzt und philosophiert.  Es gilt dem kleinen Hunger beizukommen. Und zwar mit Hilfe des Afternoon Tea. Erfunden  wurde er um 1840 am Hofe Königin Viktorias von England.
 
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Zu dieser Zeit geruhte man am Hof nur zweimal täglich zu essen: Spätes Frühstück und noch späteres Dinner.  Und auch dann nahmen die Damen nur kleine Portionen zu sich, sonst passten sie nicht mehr ins Korsett.  Size-Zero-Taille war damals angesagt und Bruce Darnell hätte sich höchstens an einer lebendigen  Hand(e)tasche erfreuen können, wenn die Hofdamen die heimlich gehorteten Sandwiches darin vergassen.
Nun sassen die Ladies in ihren eng geschnürten Kleidern den ganzen Tag herum, stickten, zupften die Laute, klimperten auf dem Spinett oder spielten Karten. Am Nachmittag ging dann die grosse Ohnmacht los. Wenn sie im Garten lustwandeln wollten, konnte es schon vorkommen, dass die Gräfinnen reihenweise beim Aufstehen umkippten, dass die Röcke nur so flogen und die Kammerdiener vor lauter Pumphosen das grosse Halleluja anstimmten. Da half dann nur noch Riechsalz, um die Madams wieder ins Spiegelkabinett zurück zu holen. Und auch dann torkelten sie den restlichen Nachmittag nur noch mit blasser Miene unterm Sonnenschirmen durch den Hyde Park.

Anna Russell, Duchess of Bedford
Die Duchess of Bedford , eine Hofdame und Kammerfrau von Königin Viktoria, machte diesem Spuck ein Ende. Sie fand es schlicht nicht erstrebenswert ständig besinnungslos zu werden. Jedenfalls nicht wegen akuter Unterzuckerung! Ausserdem war das unmotivierte Umfallen weder ihrer Frisur noch den sorgsam gebauschten Rüschen ihres Rockes förderlich.  Sie liess sich alsdann täglich um 17.00 Uhr Tee, Gebäck und Sandwiches servieren. Anfangs  noch heimlich auf ihrem Zimmer. Als jedoch die anderen Hofdamen davon Wind bekamen, wollten alle dabei sein, wenn es die konspirativen Leckereien gab, die ihnen den langen Nachmittag versüssten. Und so kam es, dass die Herzogin später ganz offiziell auf ihrem Landsitz zum Afternoon Tea einlud, bei welchem sich Hochadel und Politik die Klinke in die Hand gab, von den Fingersandwiches ganz zu schweigen. Eine Tradition war geboren, die noch heute genüsslich auf der ganzen Welt zelebriert wird.

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Sogar in Helvetien kann man in ausgewählten Hotels den Afternoon begehen. In London natürlich sowieso und man sollte das durchaus mal probieren. Übrigens ist es in zwischen kein Fauxpas mehr, nach der ersten Tasse Tee nur noch Kaffee oder Espresso zu bestellen. Nicht jeder ist ein Teefetischist, möchte aber die Geselligkeit und die süssen und würzigen Versuchungen nicht missen, die es bei diesem viktorianischen Vergnügen zu geniessen gibt. Von der Latte Macchiato sollte man dennoch in diesem Zusammenhang nicht Gebrauch machen. Der richtige Afternoon Tee besteht auch heute noch aus ganz viel Duchess und nur ganz wenig Principessa.

Afternoon Tea gibt es hier:

Hotel Eden au Lac / Zurich / www.edenaulac.ch / täglich 13.00-17.00 / ab CHF 29

The Dolder Grand / Zürich /  www.thedoldergrand.com / täglich 14.00-18.00 in der Lobby
ab CHF 59
 
Restaurant Carlton / Zürich /  http://www.carlton.ch/ / September bis Mai /  Mi-Sa / 14.30-17.00
ab CHF 39
 
Hotel Palace / Luzern / www.palace-luzern.ch / Sa-So / ab 14.00 / ab CHF 29

Hotel Bellevue Palace / Bern / www.bellevue-palace.ch / täglich 14.00-18.00 / ab CHF 29
 
Hotel Le Trois Rois / Basel / http://www.lestroisrois.com/ / täglich 14.00-16.00 und 16.30-18.30
ab CHF 59

1 Kommentar:

  1. Leider reichen diese Afternoon Teas nicht bis zum echten englischen Afternoon Tea. Die Sandwiches sind zu gross und mit Kruste, das ist nicht korrekt. Die Teesorten werden nicht an jeden Etageren Stock zum Essen angepasst. Die MIlch muss kalt sein.
    Ich würde auch das Personal in der Sache "Tee, Teeservice" besser schulen, bevor die Hotels so was anbieten. Naja, ein Kaffeeland eben...

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